Jazziger Pop mit Hang zur Improvisation

CD-Kritik: Rusconis Revolution
Bildquelle: 
www.rusconi-music.com

Ein Zürcher Jazz-Trio verkündet eine Revolution! Und so liefert die Band Rusconi mit ihrem neuen Album mit dem sprechenden Namen «Revolution» nicht ein Poster oder einen Merchandise-Arktikel, sondern ein Manifest. Nach dreieinhalb Jahren haben sie die Zusammenarbeit mit dem Major-Label Sony Deutschland gekündigt, um ihre Musik selbst zu vertreiben (siehe dazu den Artikel der Aargauer Zeitung und ihr Interview auf Youtube). Digital kostenlos auf ihrer Homepage, als CD und Vinyl an Konzerten. Dafür rufen Sie die Fans dazu auf, zu spenden, Konzerte zu besuchen, und ihre Musik zu verbreiten. Denn: «Ohne Euch soll es uns nicht geben.» Rusconi stellt sich proaktiv den Herausforderungen des digitalen Zeitalters – gut möglich, dass ihnen bald andere Bands folgen.

Ein kleiner Disclaimer, eine Warnung; Hier schreibt jemand, dessen Kenntniss von instrumentaler Musik und von Jazz etwas begrenzt ist. Aber die Laienperspektive muss ja nicht zwingend schlecht sein.

 

Gratwanderung zwischen Jazz und Pop

Los geht’s mit dem «Berlin Blues». Ein harmonisches Klavierintro ertönt – für ein paar Sekunden. Dann wird abgebrochen und neu angefangen. So geht es weiter, immer wieder erhält das Lied neue Variationen. Geht es so in Berlin zu und her? Man macht einen ersten Schritt, der ist einfach, doch dann wird es schwer. Was wird aus der Idee? Wie entwickelt man sie weiter? Und da gibt es nur eines: Trial and Error. Von vorne anfangen, neu probieren.

Der Opener deutet an, was im Zentrum des Albums steht: «Improvised Pop», wie es Rusconi bezeichnen. Die Strukturen sind relativ einfach, die Melodien schön und stimmig, das Ganze nicht zu kopflastig. Doch der Improvisation wird, wie es sich beim Jazz gehört, viel Raum gelassen. Das und interessante Dramaturgien sorgen dafür, dass es nie langweilig wird. Auch wenn ein Song über 10 Minuten dauert wie das Stück «Alice in the Sky» mit dem Engländer Fred Firth an der Gitarre. Ein Highlight ist das Lied «False Awakening». Eine träumerische, ein bisschen beklemmende Pianomelodie, hinterlegt mit Geräuschen, die aus einer Werkstatt kommen könnten. Da denkt jemand, er sei sich seiner Umgebung gewahr, aber er malocht nur so dahin, tagein, tagaus (ich assoziiere jetzt frei). Da ist das folgende Stück «Tempelhof» wie eine Befreiung, ein Lied voller spürbarem Optimismus und guter Laune.

 

Freiheiten bei der Aufnahme

Rusconi haben ihre neu gewonnen Freiheiten nach der Trennung von ihrem Major Label genutzt und sich für ihr neues Album Zeit genommen. Statt ein Wochenende im Studio unter Hochdruck zu arbeiten, richteten sie sich während zwei Wochen im Musikhaus Basel ein und nahmen auf. Gemischt und gemastert wurde selber. Das Resultat lässt sich hören. Die letzten zwei Lieder des Albums sind übrigens Live-Versionen, wo man eine Ahnung davon bekommt, dass das Trio ihr Handwerk auch live sehr gut beherrscht. Und wer sich richtig live davon überzeugen will, hat an folgenden Daten dazu Gelegenheit:

Rusconi Live:

3. April: Lugano, Rete Due - RSI

4. April: Kaufleuten, Zürich

6. April: Lausanne, Le Bourg

29. September: Frauenfeld, Aula Kantonsschule


Album und Manifest findet man auf der Bandpage:

www.rusconi-music.com

Roman Rey / Mo, 05. Mär 2012